Optimiere deine Selbstoptimierung

Mit diesem Thema erfülle ich den augenzwinkernd geäusserten Wunsch eines FB-Freundes als Antwort auf meinen letzten Beitrag zum Thema Stress und Selbstoptimierung. Mir gefällt dieses Konzept – es hat so schön meine Hirnwindungen in Schwung gebracht. Also, Challenge accepted!

 
Tasten wir uns mal heran – ein Definitionsversuch

Was erst einmal paradox klingt, hat im Grunde einen sehr schönen Kern. Auch wenn ich mich anhöre wie eine zerkratzte Schallplatte: Wir verbringen viel zu viel Zeit damit, uns krampfhaft zu optimieren. Unsere Gedanken kreisen um „Fehler“, die wir vielleicht begangen haben, um das Stückchen Kuchen zu viel, die Stunde Schlaf zu wenig, das ausgefallene Training. Wir wollen alles perfekt machen – und wehe, wenn man ein bisschen vom Weg abkommt. Da sieht man sich gleich vor seinem inneren Tribunal. Verurteilt, abgeschrieben, setzen – sechs! Was heisst es also, wenn man die Selbstoptimierung optimieren möchte? Es bedeutet ein Stück weit loszulassen, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. Es bedeutet, dass man dieser Sache genügend Platz im Leben einräumt, jedoch dem Ganzen Schranken setzt. Man soll determiniert vorgehen, aber nicht verbissen.

Der Prozess soll dein bester Freund werden

Auch wenn dieses komplexe Thema einen eigenen Beitrag und mehr Recherche verdient  ist die folgende Erkenntnis ganz wichtig, wenn es darum geht, sich ohne Druck und natürlich selber weiter zu bringen. Indem man Tag für Tag etwas Kleines, Machbares in Richtung seines Ziels implementiert, gestaltet man das grosse Ganze. Man verschiebt seinen Fokus vom Ziel darauf, was man jeden Tag tun kann. Mit dieser Regelmässigkeit macht man irgendwann Fortschritte. Die Fortschritte verleihen einem den Schwung, die neuen Gewohnheiten irgendwann automatisch umzusetzen, ohne gross nachzudenken oder dies von der Tagesform abhängig zu machen (hallo innerer Schweinehund). Man erledigt die Dinge notfalls auch zeternd und fluchend. Aber man tut sie. Man hat Momentum kreiert. Und damit laufen die Dinge über längere Zeit fast von alleine und brauchen keinen extra Gehirnschmalz. Und man begrüsst jede Veränderung. Daher hat ein weiser Mensch (genauer: Mein Online-Trainingscoach) mal gesagt: Love the process! Liebe den Prozess.

Gähn aber wahr: ohne Planung geht’s nicht

Für Momentum braucht es Regelmässigkeit. Daher müssen neue Gewohnheiten Raum im Kalender – vielleicht auch nur im übertragenen Sinne – finden. So viel, dass du Fortschritte machst, du aber immer noch Zeit für anderes hast. Ich plane beispielsweise meine Trainingseinheiten im Voraus. So kann ich der Versuchung widerstehen, dass mir etwas „Besseres“ in die Quere kommt. Auf diese Weise muss man auch nicht ständig sein Gehirn darüber zermartern, wie und wann man eine bestimmte Sache umsetzen möchte. Das Handy wird uns mit sanfter Gewalt daran erinnern.

Messe, was messbar ist und lege regelmässig Rechenschaft ab

Egal, ob du weniger Alkohol trinken möchtest, dich mehr bewegen oder anders essen willst. Wenn du das einfach so locker und nach Lustprinzip aus der Hüfte schiesst, wirst du eventuell wichtige Meilensteine verpassen. Messe also regelmässig deinen Erfolg und schreib ihn dir auf. Rede mit deiner besten Freundin/deinem besten Freund darüber. Oder schreibe es dir in ein Journal (ich nutze trello/Google Docs). Denn: mehr Erfolgserlebnisse geben dir den Schwung, den du in gewissen Lebenslagen bitter nötig hast.

Aber Simi, das klingt alles sehr aufwändig!

Ja, auf den ersten Blick sieht das nach Arbeit aus. Und das haben wir ja nicht so gerne. Aber nach einem kleinen Anfangsaufwand werden die Dinge automatisch ins Rollen kommen. Du wirst lernen, dass du den Prozess geniessen kannst, Erfolge feiern darfst und schneller deine Ziele erreichen als wenn du es mit verbissener Disziplin versucht hättest.

So hast du – tadaaa – mehr vom Leben.

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Umgang mit Stress – ganz ohne Druck

Heute wird man regelrecht zugeklatscht mit diversen Artikeln zur Sebstverwirklichung, Stressabbau, Entspannungsmethoden und Selbstoptimierungsanleitungen. Das kann jedoch gerade für Menschen, die sich beruflich oder privat in einer angespannten Situation befinden, exakt das Gegenteil auslösen. Mit jeder Scrollbewegung erhöht sich der Druck und man fragt sich, ob man wirklich genügend dafür tut, um sich von Stress zu befreien und sein wahres Ich zu entdecken. Das ist natürlich totaler Blödsinn, aber so funktionieren wir Menschentierchen nun mal. Selbst immer wieder mit dem Thema konfrontiert und immer dazu lernend, mag ich meine Gedanken ein bisschen mit der Welt teilen – und vielleicht genau dir dabei helfen, die Perspektive ein wenig zu shiften. Hier meine (bisher) wichtigsten Erkenntnisse zum Thema Stressbewältigung und Ausgleich.



Konzentriere dich auf wenige Dinge 

Nur zu leicht beschleicht einen das Gefühl, man müsse nun volle Kanone sämtliche Methoden anwenden, die einen von Ratgeberseiten anspringen. Morgens Journaling, Meditation, Bewegung. Am Mittag Atemübungen und Achtsamkeit, am Abend Sport, Meditation, Entspannungsübungen, Affirmationen, früh ins Bett…… STOPP!  Da fühlt man sich ja beim Lesen schon gestresst.

Wir Menschen können immer nur ganz wenige, kleine Gewohnheitsänderungen in unseren Alltag integrieren. Also: Spiel mit den verschiedenen Methoden, finde heraus, was dir gut tut und was du vielleicht einfach nur doof und schwurbelig findest.

Ich persönlich hab damit angefangen, (fast) jeden Morgen mit 10 Minuten mit Headspace zu meditieren. Andy ist down to earth, ganz unesoterisch und unkompliziert.

Fuck the noise
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und wir sind noch immer keine Maschinen. Daher sind all diese Instagram-Channels, die behaupten, mit ganz viel Willen schaffe man alles und das in kurzer Zeit, einfach nur Gift. Solche pseudo-motivierten Menschen und Institutionen suggerieren dir, dass du ein Versager/eine Versagerin bist, wenn dein Leben nicht täglich ausgeglichen, energetisch und voller Erfolgserlebnisse ist.

Schliesslich leben wir nicht in Hollywood und haben nicht den ganzen Tag Zeit für Self-Improvement. Veränderungen brauchen viel Zeit, insbesondere wenn es eingefahrene Muster sind, an denen wir arbeiten wollen. Es wird Tage geben, wo gar nix hilft, dann wirst du wieder grosse Sprünge machen. Das Geheimnis liegt in der Regelmässigkeit und deiner Geduld mit dir selbst.

Ich folge seit Längerem nur noch Personen, die menschlich mit solchen Themen umgehen und selber zugeben, dass es zwar immer ein bisschen vorwärts, aber nicht immer nur geradeaus geht. Ich habe gelernt, dass es keine Quick-Fixes gibt. Auch, dass reiner Wille gar nichts bringt. Wenn es zu gut klingt, ist es vermutlich nicht wahr.

Priorisiere dich!
Vor allem Frauen fühlen sich oft fremdbestimmt (natürlich, liebe Herren, gibt es das auch bei euch!). Wir haben gelernt, dass wir zuerst alle anderen glücklich machen müssen und ja nicht zu viel Platz beanspruchen dürfen. Ich leide bis heute immer wieder einmal unter einem latent schlechtem Gewissen, wenn ich in den Sport gehe, statt mich mit Leuten zu treffen oder mich im Zimmer wegsperre, um meine Entspannungsübungen zu machen statt mich ins Wohnzimmer zu setzen.

Nur: Wenn wir uns selber vergessen, verlieren wir irgendwann unsere Energie. Ohne Energie können wir letztlich auch nichts für unser Umfeld tun. Wir werden höchstens unausstehlich. Im schlimmsten Fall brennen wir aus.

Also: reserviere Zeit für dich. Du darfst das. Nur wenn du weisst, was du brauchst, was dir gut tut und du lernst (achtung, Klischee-Alarm, aber ist doch wahr), dich selber etwas lieber zu haben, kannst du auch positiv auf dein Umfeld wirken. Sei dir deine beste Freundin/dein bester Freund. Vereinbare Dates mit dir. Nein, nicht was du jetzt denkst. Reserviere Zeit für dich, für Sport, fürs Kochen, fürs still Dasitzen, um deine Ideen zu entwickeln.

Glücklicherweise ist mir das persönlich noch nicht widerfahren: Ich weiss jedoch, dass es im Umfeld Unverständnis auslösen kann, wenn sich ein Mensch verändern will. Das versunsichert. Eins vorweg: es hilft, dem Gegenüber klar zu machen, dass alles, was man für sich tut, sich unweigerlich (positiv) auf das nächste Umfeld auswirkt. Transparente Kommunikation ist so oder so zu empfehlen, auch wenn es schwer fällt. Diesem Thema werde ich bald einen eigenen Beitrag widmen.

Finde deine Energieräuber und eliminiere sie
Es geht hier nicht um esoterisches Geschwafel. Es ist einfach wichtig zu merken, bei welchen Tätigkeiten und in welchen Momenten man seine Energie verliert. In den meisten Fällen kann man nämlich etwas dagegen unternehmen. Vielleicht muss man sich anders organisieren. Oder etwas aufgeben. Manchmal hilft es auch einfach, die Perspektive, den Blick auf etwas zu ändern. Ich hab beispielsweise damit angefangen, im Geschäft nicht gleich meine E-Mails zu lesen, sondern erst einen Task abzuschliessen, den ich besonders gerne mache oder zuerst auf Trello zu gucken, was denn am Tag alles so ansteht. Das alles geht noch viel besser mit einem frischen Kaffee unter der Nase. Was auch immer es ist, versuche es zu implementieren.

Hab Spass!
Wenn man unter Druck ist (oder sich unter Druck setzt) neigt man dazu, mit bierernster Mine durchs Leben zu gehen. Das Problem: das setzt sich irgendwann mal fest. Und wir wollen ja nicht jetzt schon regelmässig zum Botox gehen. Wenn dir deine Stirnfalten auf die Augen drücken: Such dir eine gute Gesellschaft, mach Pause, rede über lustige Themen, schau dir ein Katzenvideo an (oder das Bild ). Mach dir die Absurdität gewisser Situationen bewusst und amüsiere dich darüber. Wir haben den verdammten Luxus, dass es in unserem Leben meist nicht um Leben und Tod geht.  Nein, natürlich geht es hier nicht darum, einfach nichts mehr Ernst zu nehmen. Aber man kann die Perspektive etwas ändern. Das Gute daran: das ist ansteckend!

Tausche dich aus
Such dir Peers, die eine ähnliche Richtung einschlagen und die deine Gedanken verstehen. Leute, bei denen du über deine regelmässig Erfolge und Misserfolge berichten kannst und die selber gerne einchecken.

Suche dir Hilfe
Wenn der Druck zu gross wird und du das Gefühl hast, normale Methoden greifen nicht, hol dir Hilfe. Es ist keine Schande, in ein Loch zu fallen. Insbesondere Personen, die ganz viel von sich erwarten, sind gefährdet, sich zu übernehmen. Auch wenn das Thema immer noch enorm stigmatisiert wird: sei mutig und stelle den Menschen in deinem Umfeld klar, wie es dir geht. Suche dir eine Selbsthilfegruppe oder mach eine Therapie. Tu nur eines nicht: dich schämen.

Schluss mit Freizeitstress!
Es ist übrigens total okay, mal auf dem Sofa zu liegen und die Wand anzustarren. Oder in der Wanne zu liegen. Oder zu gamen. Man muss nicht ständig draussen rumhüpfen, bloss um die Socialmediakanäle befeuern zu können. Man darf auch mal so richtig perfekt unperfekt sein!



Welche Methoden wendest du an, um Stress und Druck anzubauen?
Hast du Fragen, Anregungen?

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Duschgedanke: Doofer Facebook-Clickbait

Wie fühlen sich eigentlich die Personen, die (frei-)beruflich diese doofen Klick-Höllen-Bildchen herstellen? Jeden Anfangsbuchstaben des Alphabets mit einer total frechen Aussage verknüpfen müssen? Auf quadratischem Raum Grammatik-freie Zonen generieren? Den Newsfeed unschuldiger Personen mit sinnfreiem Irrwitz füllen?

Ich frag ja bloss.

 

 

 

Wie du merkst, dass du als Kellnerin den Job wechseln solltest

Als ehemalige Barmitarbeiterin lese ich mit Genuss Satire-Beiträge zum Arbeitsalltag im Service. Denn – sind wir mal ehrlich – die Interaktion mit den Gästen trägt doch immer wieder skurrile Blüten. Manche Besucher gehen einem ehrlicherweise auch tierisch auf die Eierstöcke. Als Freundin vieler leidenschaftlicher Gastronomen stolperte ich regelrecht über den Beitrag Wie du beim Ausgehen mit Barpersonal umgehen solltest. Eigentlich mit gesundem Sarkasmus ausgestattet, musste ich mich ziemlich fest in meinem Stuhl winden.

Liebe Isabella, vielleicht verkenne ich deinen dunklen Sinn für Humor komplett. Vielleicht wolltest du mit deinen aussagekräftigen Fluchwörtern wie «Arschloch« oder «Idiot« besonders edgy sein (ist ja schliesslich VICE, ne). Aber dieser Erguss ist für mich eine Klatsche ins Gesicht derer, die ihren Job gerne machen, einen gewissen Servicegedanken hegen und sich bewusst sind, dass die Gäste letztlich ihren Lohn bezahlen.

Zwischen ironisch-liebevollem Amüsement über Stereotypen und generellen, frustrationsgeladenen Hasstiraden liegt eine nicht so feine Linie. Daher kam nicht nicht drum herum, den Artikel ein wenig auseinanderzupflücken. Für meine Psychohygiene und für alle, die ihren Job in der Gastro grundsätzlich mögen.

 

Hör mit den beschissenen Bestellsprüchen auf

Bestellungssprüche wie „Kannst du mir die Luft aus dem Glas lassen?“, „Einen Gin Tonic, aber für Erwachsene!“ oder „Ein kleines Bier in einem großen Glas. Und bitte voll machen.“, gehen nicht. Du bist nicht einmal in der angebrochenen Stunde das erste Arschloch, das auf diese „witzige“ Idee kommt. Auch wenn wir lächeln-wir tun ausnahmslos nur so, als wäre das ansatzweise lustig. Du bist ein unkreativer Idiot, der wahrscheinlich noch immer Blondinenwitze erzählt. Und noch was: Wenn wir sehen, dass du in Aufbruchstimmung bist und zu deinem Tisch kommen und fragen: „Willst du zahlen?“, dann-ALTER-denk nicht mal daran zu sagen „Nein, zahlen WILL ich nicht, aber MÜSSEN.“ Wirklich nicht. Du Idiot.

Okay, ich gebe zu, diese total originellen Sprüche nerven irgendwann. Hast du jedoch schon einmal darüber nachgedacht, dass dies ein zwar tollpatschiger, aber vielleicht grundehrlicher Versuch sein könnte, das Servicepersonal aufzuheitern? Arschloch? Idiot? Echt?

 

Hör auf zu denken, dass wir deine Gedanken lesen können

Es gibt sie diese Menschen, die zu dir an die Bar kommen und sagen: „Wein.“ Abgesehen davon, dass „Bitte“ und „Danke“ meistens zu viel verlangt ist, stehen wir auch vor einem anderen Problem: Welchen Wein? Eine häufige Antwort in so einem Fall ist „Na ja, einen Chardonnay natürlich.“ N-a-türlich, ganz klar. Wie konnte ich das nicht erkennen? Die Frage nach der Sorte erspart man sich besser. Und wenn ich schon zu deinem Tisch komme und frage, ob du noch ein Bier möchtest, dann möchte ich als Antwort nicht, „Was soll die Frage, sicher will ich noch ein Bier haben“, hören. Woher soll ich wissen, dass dir deine vier Bier noch nicht gereicht haben? Aus der Kristallkugel?

Schon einmal von Humor gehört? Es gibt so viele andere Wege, auf solche Sprüche zu reagieren als mit blankem Ärger. Man könnte charmant-süffissant kontern: „Ich muss wohl an meinen telepathischen Fähigkeiten arbeiten“ bis zu „Ah ja klar, wie dumm von mir, es gibt ja nichts anderes als Chardonnay“. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten. The world is your oyster.

 

Gib uns verdammt nochmal Trinkgeld

Newsflash: Kellner leben vom Trinkgeld. Ihr kennt den Spruch ja: Tip is not a town in China. Solange der Kellner nicht vor deinen Augen in dein Getränk reinspuckt, hast du Trinkgeld zu geben. Und zwar nicht unter 5%. Um dein Gedächtnis aufzufrischen: 10% bei Getränken und 20% bei Speisen. Wenn du kein Geld hast, trink Paderborner oder Tetrawein und nerve jemand anderen. Wenn du mir bei einer Rechnung von 39,60 Euro nur 40 Euro gibst und mit einer gönnerhaften Visage, „Passt schon“, sagst, dann, genau dann möchte ich dir ein Orchester bestellen, um deine Großzügigkeit zu feiern. Nicht, Arschloch. Und wenn du bei einer Zwischenrechnung Trinkgeld gibst, lass dir folgendes gesagt sein: Diese Rechnung ist Vergangenheit und zählt nicht für die nächste.

NEWSFLASH – Trinkgeld gibt es dann, wenn DU dich nicht wie ein Arschloch benimmst und deine Gäste freundlich und zuvorkommend bedienst. Dein Text lässt mich etwas an diesen Fähigkeiten zweifeln. Zur Erinnerung: in der Schweiz verdient man im Service einen Lohn (Zugegebenermassen einen schlechten). Trinkgeld ist in der Schweiz im Preis zudem inbegriffen. Klar, ich hab innerlich auch oft die Augen verdreht, wenn Leute ihr Füfzgi zurück wollten (insbesondere, wenn da noch ne Geldklammer mit Zweihunderternoten auf dem Tresen lag). Trinkgeld geben gehört für mich auf jeden Fall dazu. Es einfach frech zu erwarten, ist kein feiner Zug. Und bevor du wieder einmal Leute ohne Kohle aus dem geselligen Leben ausschliesst: Das sind oft diejenigen, die Trinkgeld geben. Weil sie wissen, wo es weh tut.

 

Frag uns nicht, was denn das beste Getränk wäre

Freundchen, woher soll ich wissen, was du in deinen Erste-Welt-Körper reinschütten sollst? Es ist mir scheißegal. Und das Einzige, was ich dir in so einem Fall empfehle, ist die Tür. 

Schade, dass es dir scheissegal ist, dass deine Gäste was auf deine Expertise geben. Ist auch kacke, wenn die Leute einen gut finden und dann – oh SCHRECK – vielleicht wegen dir wieder kommen. Ich war letztes Jahr in NYC in einigen (gar nicht fancy!) Bars. Da glänzen bei den Barkeepern die Augen, wenn man sie darum bittet, eine persönliche Empfehlung abzugeben. Da muss man keine Sekunde über (zusätzliches) Trinkgeld diskutieren. Und für deren Lohn hättest du wohl nur ein müdes, privilegiertes Lächeln übrig.

 

Wenn du diesen Satz dann noch mit so was wie Puppe, Meister, Chefin oder sonst einem beschissenen Spitznamen beginnst, kannst du dir gratulieren. Du hast dich nämlich gerade zum unbeliebtesten Menschen der Welt gemacht. Weitere Dinge, die man wirklich nicht tut: Schnippen, pfeifen, wie in der Schule aufzeigen (ein kurzes Handzeichen reicht völlig) oder – am schlimmsten – winken. Wenn du winkst, winke ich zurück und damit hat sich die Sache für mich erledigt.

Keine Diskussion. DAS ist der Zeitpunkt, jemanden zu wünschen, dass er mehrmals barfuss und mit Anlauf auf einen Legostein tritt.

 

Schrei uns nicht an

Wir wissen: Es ist laut. Du weißt nicht: Wir hören dich auch ohne, dass du uns in deiner Betrunkenheit ins Gesicht spuckst, weil du aus voller Inbrunst nach deinem verdammten Vodka Bull schreist. Schließlich haben wir gelernt, euch Wahnsinnigen von den Lippen zu lesen.

Genau richtig. Die meisten wissen es nicht und können es nicht einschätzen. Es gibt also keinen Grund, gleich zickig zu werden.

 

Auch in anderen Fällen hast du uns nicht anzuschreien. Solltet ihr in einer Bar sein, in der es Essen gibt: Meistens kann der Kellner nichts für den Fraß, der dir an den Tisch gebracht wird. Wenn du mich anschreist, dass der Salat von Aldi ist und wie du dazukommst, das zu essen, dann mein Freund, dann weiß ich das auch nicht. Wann werdet ihr lernen, dass Koch und Kellner zwei verschiedene Berufe sind? Niemals, nicht wahr?

Es ist klar, dass du nichts für das Vergehen in der Küche kannst und es ist in der Tat nicht fair, dass gewisse Dinge an dir ausgelassen werden (und hast auch das recht, ab einem gewissen Tonfall zu kontern). Du bist als Servicepersonal jedoch das Aushängeschild des Lokals und die einzig sichtbare Person für den Gast. Kein Job ist perfekt – Frag mal die Dame, die für ihren Lebensunterhalt Klos putzt. Also: Krönchen aufsetzen, weitermachen und im Zweifelsfalle beim Scheff petzen.

 

Eine Minute Geduld ist nicht zu viel verlangt

OMG. Manchmal kommt mir vor, Kellnern sei nichts anderes, als sich mit gierigen Hyänen um Energie zu prügeln. In der Regel werden Gäste wie bestellt (haha) im größten Stress ungeduldig und zu nörgelnden Kleinkindern. Ehrlich, wir bemühen uns, jeden einzelnen so schnell wie möglich zufrieden zu stellen, aber manchmal ist eben viel zu tun. Das seht ihr auch, aber aus irgendwelchen Gründen fehlt euch die Fähigkeit, eins und eins zusammenzuzählen. Generell gilt: Wenn der Kellner länger für deine Bestellung braucht, dann gibt es einen Grund. Wenn der Grund ist, dass du scheiße bist, dann bist du selbst Schuld.

Ja, es gibt sie, die stämpfelnden Gesellen, die Vordrängler und die, die meinen, sie seien die einzigen auf dieser Welt. Ohne dir persönlich etwas unterstellen zu wollen:Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass die eigene Ausstrahlung eventuell einen Einfluss auf die Stimmung der Gäste haben könnte? Ich weiss – was für eine Erleuchtung! Wenn beim Barpersonal der Anschiss schon aus allen Poren kommt, muss man nicht überrascht sein, wenns mal aus einer Ecke quengelt.

 

Hör auf uns anzumachen und wage es nicht, uns anzufassen

Keine Kellnerin will deine dämlichen Sprüche über ihr Aussehen hören. Was auch immer du von dir gibst-wir haben es uns schon Millionen Mal von einem Anderen anhören müssen, der vor dir da war. Behalte deine Anmachsprüche für dich. Jeden. Wir sind nicht da, um mit euch zu flirten oder euch unsere Nummer zu geben. Wir sind hier, weil wir gerne in den Urlaub fahren, uns Möbel kaufen wollen oder gerne mit dem Taxi fahren. Anstarren könnt ihr euch auch abschminken. Findest du das angenehm, wenn dich jemand ansieht, als würde er überlegen, dich zu kaufen?

Und das, was du wirklich niemals, never ever, unter gar keinen Umständen jemals machen solltest: FASS. UNS. NICHT. AN. Greif uns nicht an den Arsch, berühre unsere Hand nicht „zufällig“, lass unsere Hüften in Ruhe und denk nicht dran uns zum Abschied ein „Küsschen“ auf die Wange zu geben. Wir werden ziemlich sicher kotzen müssen.

Absolut. Richtig. Fuck yeah. Übergriffe, egal, ob verbal, nonverbal oder handgreiflich, sind scheisse. Aber das gehört für mich in einen eigenen Artikel. Und zwar als Hauptthema. Ganz an den Anfang.

Glückwunsch! Mit diesem Beitrag hast du bestimmt erreicht, was du wolltest: weniger Menschen an deinem Tresen. Dummerweise werden sich wohl genau die von dir vergrault fühlen, die sich anständig benehmen. Vielleicht solltest du dir einen neuen Job suchen. Kleine Vorwarnung: Meist sind Menschen involviert.

In diesem Sinne: Cheers!

2017 – du warst gut zu mir!

Das ist natürlich nur mein ganz subjektiver Blick auf mein kleines Leben. Das Jahr 2017 war leider alles andere als rosig für die Welt. Trotz allem (oder jetzt erst recht!) möchte ich auf meinem persönlichen Spielplatz ein wenig in Erinnerungen schwelgen und dem Jahr ein kleines Kränzchen winden:

Liebes Jahr 2017. Du warst intensiv, nie ruhig, nie wirklich gelassen  – dafür umso farbenfroher und abenteuerlicher. Du hast mir Freiheiten beschert und neue Leidenschaften in mir erweckt. Du liessest mich grosse Herausforderungen meistern und hast mir gezeigt, wozu ich fähig bin. Du zeigtest mir auch meine Grenzen. Und das ist gut so. Du hast mich an meine Lieblingsplätze geschickt und dafür gesorgt, dass ich mich in neue Orte verliebe. Ich durfte um die Welt reisen und erleben, wie sich die Sonne mitten im Tag in ein mystisches Wesen verwandelt. Du hast mir die Liebe zu den Sternen gezeigt und mich immer wieder tanzen lassen. Du warst auch sexy und very burlesque! Das Schönste an allem: Ich durfte diese besonderen Augenblicke mit lieben Menschen von nah und fern teilen.

Du hast mir zudem ein weiteres gesundes Jahr geschenkt. Dafür bin ich dir besonders dankbar. Bitte sags dem Jahr 2018 weiter. Denn dann gibt’s erst recht was zu feiern! Sag ihm bitte auch, dass ich mir bessere Zeiten für die Welt herbeisehne. Dass wir noch mehr für unsere Rechte einstehen und uns um Schwächere kümmern. Gleichgültig, woher sie kommen oder wen sie lieben. Dass Hass und Egoismus weniger werden. Und wir wieder mehr auf unsere Herzen hören.

Ich wünsche euch allen ein phänomenales Hineinschweben ins neue Jahr. Auf dass ihr gesund, munter und glücklich seid und dies auch mit jemandem teilen könnt!

Euer Mariechen.

 

P.S:

Hier noch einer der verblüffendsten, bewegendsten und auch spirituellsten Momente in diesem Jahr, festgehalten von Nunzio:

total solar eclipse 2017

Totality. Taken in Madras, Oregon. Photo credit: Nunzio Mannino, 2017 (instagram: @the_noo)

 

 

 

 

Krafttraining als Hobby – es ist möglich

Freizeitbeschäftigungen sind so individuell wie die Menschen: Vom leidenschaftliche Leser, Gärtner über den Extrem-Filmegucker bis zum Barbie-Sammler ist alles dabei. Und das ist auch gut so. Doch wird nicht leistungsorientierter Sport und im Speziellen Krafttraining oft nicht als ernst zu nehmendes Hobby betrachtet. Fälschlicherweise.

 

«Was, du trainierst viermal die Woche im Fitnesscenter? Wie hast du denn noch Zeit für Hobbies?» wurde ich schon grossäugig gefragt. Oder: «Kompensierst du etwas damit? Hast du überhaupt ein Leben?» und gerne auch: «Findest du das nicht langsam etwas extrem?». Lustigerweise fallen solche Sätze eher selten, wenn jemand sagt, er sammle Kunstobjekte aus der frühdadaistischen Szene oder wälze Thomas Mann, bis der Arzt kommt. Es scheint auch selbstverständlich, dass jemand an Sport-Wettkämpfen teilnimmt oder in einer Fussballmannschaft mitspielt. Doch wenn jemand einfach für sich joggen geht oder regelmässig das Fitnessstudio frequentiert, weil es ihm Freude macht, dann hört anscheinend der Spass auf. Zumindest für die anderen. Doch warum ist das so?

Sport wird gerne mit Mord in Verbindung gebracht
Irgendwo scheint sich bei vielen die Auffassung eingeschlichen zu haben, dass Fitnesstraining eine absolute Qual und ein notwendiges Übel sei. Man betrachtet Sport als eine Bürde, die zwischen einem selbst und seinen «richtigen» Hobbies steht. Es ist Mittel zum Zweck und macht den Weg frei zum mehrwöchentlichen Schlemmen im Lieblingslokal. Dass es auch Spass machen kann, ins Fitness zu gehen, unvorstellbar!
Als begeisterte Hantelstemmerin und Ernährungswissenschafts-Fan findet man sich also immer wieder einmal in einer unangenehmen Rechtfertigungsrolle und hat fast den Eindruck, sich dafür schämen zu müssen, ganz offenbar kein richtiges Hobby zu haben. Und offensichtlich ein ganz schlimmes Ego-Defizit auszugleichen hat.

Was macht denn ein richtiges Hobby aus? Es sind sich wohl alle einig darüber, dass man ein Hobby freiwillig anderen Tätigkeiten vorzieht, weil es einen mit Freude und Befriedigung erfüllt. Man ist zudem intrinsisch motiviert, sich weiter über die Thematik zu informieren, mit dem Ziel, richtig gut in dem zu werden, was man gerne macht. Ein Hobby soll zudem auf irgend eine Weise zielorientiert sein, dass man beispielsweise irgendwas gewinnen kann oder man sonst etwas aussergewöhnliches erreicht. Ausserdem soll die liebste Freizeitbeschäftigung Energie spenden fürs sonstige Leben, eine gewisse Perspektive schaffen und körperlich oder seelisch gut tun. Nun gut. Warum sollte das nun Krafttraining nicht können?

Ein kleine subjektive Ausschweifung
Wenn ich den Kraftbereich im Studio betrete –  Lieblings-Musik dröhnt aus meinen Kopfhörern – beim Griff an die Hantel den Metallgeruch einatme und spüre, wie meine Muskeln Arbeit verrichten müssen, um das Gewicht von A nach B zu bewegen, dann erfüllt mich das mit Faszination. Faszination darüber, was ein Körper alles so leisten kann. Jedes Mal etwas mehr Gewicht bewegen zu können, zu sehen, wie ich Fortschritte mache, zu erfahren, wie ich meine eigenen Erwartungen übertreffe, gibt mir ein Gefühl der Befriedigung. Die Ziele setze ich mir zwar selbst und einen Preis erhalte ich dafür nicht (also irgendwie schon, einfach nur in meinem Kopf, bei tosendem Publikum, natürlich), aber deswegen haben diese Ziele nicht weniger Berechtigung als offiziell gesetzte. Die Belohnung ist mein Körpergefühl. Die Muskeln geben mir einen aufrechten Gang. Sie verringern meine Rückenprobleme. Mein Körper fühlt sich stark und gut. Mein Schlaf ist heute um Welten besser. Und ja, der Körper fühlt sich sexier an. Verklagt mich. Der Fakt, dass Krafttraining (Wenn vernünftig ausgeführt!) nachweislich die Knochendichte verbessert und somit vielen Altersbedingten Krankheiten vorbeugt, nehme ich als zusätzliches Zückerchen nur zu gerne entgegen. Nicht zuletzt tue ich im Fitnessstudio einfach mal etwas für mich, bin konzentriert und fokussiert.

Sozial und auch ein bisschen intellektuell

Wer jetzt rausschreit, dass das alles sehr egozentrisch und oberflächlich: Ja, Krafttraining mag auf den ersten Blick selbstzentriert und oberflächlich wirken (wer meinen Simi-Lifts-Instagram-Account kennt, muss auch mal das eine oder andere Selfie über sich ergehen lassen). Doch das macht nur ein kleiner Teil dieser Freizeitbeschäftigung aus. Personen, die sich eingehend mit dem Thema Krafttraining und Ernährung beschäftigen, investieren sehr viel Zeit in Recherche und das Wälzen diverser Lektüre. Man besucht Communities, in denen man sich mit Gleichgesinnten zum Thema austauschen und einander motivieren kann. Wer die komplexen körperlichen Auswirkungen von Sport und Ernährung wirklich verstehen will, paukt ausserdem ganz freiwillig und quasi im Vorbeigehen einige Lektionen in Chemie und Physik. Wer wirklich erfolgreich seine sportlichen Ziele erreichen möchte, muss sich mit der Materie ausgiebig beschäftigen und stets offen sein für Neues. Da darf man doch zwischendurch seine Erfolge mit einem kleinen Insta-Ego-Kick feiern!

Natürlich ist es nicht jedermanns Sache, viermal in der Woche Hanteln gegen die Schwerkraft zu bewegen. Muss es auch nicht sein. Es sammelt auch nicht jeder Barbies aus der Nachkriegszeit. Oder Kaffeekapseln. Oder rutschen bei Eiseskälte durch den Schnee oder fahren Eisenbahn im Keller. Hauptsache, es macht denjenigen glücklich und irgendwie zu einem besseren Menschen.

 

 

Die schöne Welt der Confcalls – Eine Typologie

Mit fortschreitender Digitalisierung erfreuen sich Telefonkonferenzen, Skype-Meetings und Video-Calls immer grösserer Beliebtheit. Überhaupt ist es gar nicht mehr en vogue, sich persönlich zu treffen. Dank diverser neuer Technologien können sich Geruchs- und Nähe-Neurotiker endlich entspannen, weil sie weder unangenehmen Blicken ausweichen, noch zu viel Körperkontakt aushalten müssen. Perfekt! Doch die fortgeschrittene Technik bedeutet nicht, dass wir Menschen diese auch zwingend beherrschen. Für Neulinge können Confcalls sehr belastend und verwirrend sein. Die folgende (lange im Freundeskreis diskutierte und wissenschaftlich erprobte!) Typologie soll helfen, diese Emotionen einzuordnen.

(Anm. d. Red: Der Einfachheit halber habe ich die maskuline Form verwendet, natürlich gibt es das alles auch in Frau)

Der Spätzünder
Ein sehr beliebter Genosse, insbesondere, wenn er eine Schlüsselrolle in der Thematik innehat. Man erkennt ihn daran, dass er mitten ins Gespräch platzt, eine wichtige Stimmlage aufsetzt und die besten Entschuldigungen bereithält: der Chef musste ihn schnell befördern, er habe das Büro nicht gefunden, ein Yeti habe ihm den Weg zur Kaffeemaschine versperrt oder das Telefon sei plötzlich verschwunden. Und so weiter. Ganz schön ist zudem die Sonderform der Spätzünder, die versucht, sich möglichst unauffällig dazuzugesellen. Das Piepsen und die darauf folgende Stille beleben jedes Gespräch.

Der technisch Überforderte
Man denkt, eine Telefonkonferenz sei relativ geradlinig zu handhaben. Nix da. Es scheint doch viele Stolpersteine zu geben. Nein, es geht nicht, sich mit Whatsapp in einen Skypecall einzuwählen. Und nein, ein Räuspern ist nicht die richtige Antwort auf die Aufforderung, seinen Namen zu nennen und nein, man sollte nicht auf das rote Hörerchen drücken, wenn man etwas sagen möchte. Nur so. Fürs nächste Mal. Unnötig zu erwähnen, dass die technisch Überforderten wohl eine gewisse Dunkelziffer der Spätzünder darstellen.

Die dunkle Seite des Calls – oder: The Darth Vader
Dieser Teilnehmer hat das Gebiet der Stummschalt-Möglichkeiten noch nicht erforscht. So kommt es, dass Gespräche von einem lauten Schnauben und regelmässigen Seufzern begleitet werden, die an Bedrohlichkeit zunehmen, wenn die Personen etwas zu sagen haben (ICH BIN DEIN VATER!!?). Echte Profis auf dem Gebiet rascheln auch noch mit ihrem Sandwichtütchen oder nehmen zwischendurch ein paar Schlucke von ihrem Kaffee.

Der Abgelenkte
Man sich solche Mühe gegeben. Hat Blut und Wasser geschwitzt, um seinen Auftritt zurechtzulegen. Man schmettert also voller Inbrunst sein wichtiges Plädoyer in Richtung Publikum und wartet angespannt. Grillenzirpen. Aufforderung durch den Moderator. Dann nuschelt es plötzlich «Oh sorry, war grad ein wenig abgelenkt». Frechheit. Das kann schon eine mittlere Identitätskrise auslösen! Was kann denn so viel spannender sein als die eigene betörende Stimme? Man wird es leider nie erfahren.

Der Hijacker
Dieser Zeitgenosse ist sich zwar bewusst, dass sein Thema nicht zwingend das gefragte Thema ist. Das ist jedoch kein Grund, dass man nicht immer wieder damit anfangen und die Konferenz schmerzvoll verlängern kann. Das muss jetzt einfach raus. Auch wenn alle anderen die Stirn auf die Tischplatte legen – Was muss, das muss! 

Silent Bob – oder: der Schweigsame
Eigentlich kein unangenehmer Kollege. Wenn es in Calls nicht elementar wäre, dass man etwas zu sagen hat. Noch besser ist es, wenn die Leute es auch hören, wenn man etwas zu sagen hat. Nur hat diese Spezies – ganz im Gegensatz zu Darth Vader – eine zu innige Beziehung zum «Mute»-Knopf. Man könnte die zwei doch mal in einen gemeinsamen Workshop stecken.

Der Zögerliche
Man hat alles besprochen. Der Moderator hat mehrmals nachgehakt, ob es noch Punkte gebe. Einige verabschieden sich schon mit einem aussagekräftigen Piepsen (zumindest die technisch Überforderten), der eigene Finger wandert auf das rote Hörerchen,  plötzlich erklingt eine Stimme aus dem Off «Moment, ich hab no —-».  Schade, der Finger hat schon gedrückt. Schande!

Diese Liste ist natürlich nicht abschliessend – Ergänzungen sind sehr willkommen. In diesem Sinne: Möge der Call spannend und der Kaffee stark sein!

Auf ein Neues!

Manchmal ist man so richtig doof. Und steht sich selber gerne mal im Weg. Man verliert sich doch schnell einmal auf der Suche nach absoluter Perfektion. Und macht dann lieber gar nichts. In meinem Falle hat dies zur Schreibblockade des Jahrhunderts geführt.

Ich kann gar nicht sagen, was es war: Die Bachelor-These? Das Altern? Oder die zunehmende Furcht vor den Kommentatoren im Internet? Was auch immer der Auslöser war: Irgendwann setzte sich in meinem Kopf fest, dass es total uncool sei, einfach so zu bloggen, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Heute, wo jeder, der irgendwie was zu sagen hat (oder eben auch nicht), das Bedürfnis verspürt, seine Ergüsse schriftlich festzuhalten, brauchst du doch ein Thema, worauf du dich voll und ganz fokussierst. Du brauchst eine Spezialisierung! Mindestens einen Expertinnen-Status auf einem bestimmten Gebiet! Relevanten Content! Sonst kann ja keiner mein Profil in eine Schublade stecken. Und das wäre ja ganz schlimm.

Das einzige, was ganz schlimm wurde, war meine Sehnsucht danach, meine Gedanken in Worte zu formen. Es hat sich quasi ein Kreativ-Vakuum in meinem Kopf gebildet, gähnende Leere, ja, ein Tal der Tränen!

Damit soll jetzt Schluss sein. Schliesslich ist das hier der Freudomat. Und der hat schon immer ausgespuckt, was in Mariechens Welt gerade aktuell ist. Und das soll auch weiterhin so bleiben: so soll hier nun wieder mindestens einmal pro Jahr etwas stehen. Oder vielleicht zweimal. Und weil dieser Blog mit mir wächst, werden sich diese Themen immer wieder wandeln. Oder auch nicht? Vielleicht werde ich ja doch noch Balkonbegrünungs-Coach, Oberbefehlshaberin der Grammatikpolizei oder Chairwoman!

Ich hoffe inbrünstig, dass meine drei Leser noch da sind – ansonsten dürfen sich gerne ein bis zwei neue Personen dazugesellen.

In diesem Sinne: bis bald!

P.S: ich habe noch immer kein Korrektorat. Und weil ich selber bekanntermassen Gritler bin, darf man mich ebenso korrigieren. Jawohl.

Das Leben und sein Eigenleben

(Vorsicht, nur für starke Nerven)

Liebe Leserinnen und Leser meines sonst eher leichtfüssigen kleinen Blogs, lange habe ich mir überlegt, ob ich’s denn, ja wie – und überhaupt  – wann ich es erzählen soll. Die Partymaus, mit der man Pferde stehlen kann wird plötzlich ganz ernst. Darf ich es denn einem solch grossen Publikum erzählen? Oder ist das tabu? Werde ich deswegen diskriminiert? Was denken denn die Menschen um mich herum, wenn sie die Geschichte mit dieser Selbstoffenbarung lesen? Vielleicht wollen sie diese ja gar nicht lesen, mich so gut kennen.

„Scheiss drauf!“ rief ich dann lauthals in meinen kleinen Bildschirm. Das Leben ist zu kurz, um immer darauf zu schauen, dass auch ja niemand sich angegriffen, angeekelt oder überfordert fühlt. Oder ob dies ewig im Internet auffindbar sein wird. Wer mich mag, der mag mich auch so und wer schon immer Mühe hatte mit dem Mariechen, ja, dem wird nun das letzte falsche Lächeln vergehen. Nichts muss, alles darf – wie schon gescheite Menschen sagten. Denn ich will darüber berichten. Und damit vielleicht anderen Betroffenen helfen. Mit einem Tabuthema brechen. Die Leute aufwecken. Aber eins will ich nicht: Mitleid heischen. Daher sei dir dessen, lieber Leser, bitte stets bewusst.

Mein Leben war bisher eigentlich meist sehr unbeschwert. Klar, da waren so ein paar Abstürze, Ausschweifungen, Herzensbrüche, Geldsorgen, Gesundheitssorgen, abgebrochene Fingernägel, schlecht geschnittene Haare, die falschen Socken. Ich musste mich viel zu früh von lieben Menschen trennen und manchmal bitterlich weinen. Was halt alles so passiert in einem kleinen Menschenleben. Aber unter dem Strich war eigentlich immer alles – wie ich es gerne nenne – sehr flauschig.

Letzten Sommer musste ich mir nach langem Ahnen, Bangen und Hoffen die fünf Buchstaben anhören, die keiner gerne hören möchte: Krebs. Genauer: Gebärmutterhalskrebs. „Frau Mariechen, leider muss ich Ihnen mitteilen, dass trotz aller Vorsorgeuntersuchungen bei Ihnen gegen alle Regeln ein kleiner Tumor gefunden wurde.“ Bam. In your Face. Dein Leben ist in akuter Gefahr, Kleines! Die Worte hallten ungefähr zehntausendmal in meinem leeren Gehirn wider. Tränen. Angst. Tod. Keine Familie. Grosse Operation. Noch nie hatte ich so wenig Boden unter den Füssen. Ich blickte in ein schwarzes Loch. Dass meine Ärztin noch hinzufügte, dass ich gute Chancen auf Heilung hätte, ging im Strudel erstmal unter. Ich fragte mich: Was habe ich falsch gemacht im Leben? Hätte ich weniger rauchen sollen, weniger trinken? Weniger Party feiern sollen? Vielleicht ein, zwei Mal auf die fettigen Kebabs und Burger verzichten sollen? Hab ich irgendwas verbrochen?

Aber so läuft das für mich nicht. Krebs hat für mich nichts mit Karma zu tun. Ansonsten hätte es ein paar Diktatoren weniger gegeben auf diesem wunderschönen Planeten. Es trifft am Ende des Tages einfach jemanden. Die Statistik schlägt zu. Man hofft immer, dass es einen selbst nicht erwischt. Aber will ich denn, dass es dafür jemand anderes trifft? Nein, natürlich nicht.
Fakt ist: Krebs ist eine heimtückische und fiese Diagnose. Das Abstrakte, das Ungewisse daran macht Angst. Es sind eigentlich nur entartete Zellen, die schief wuchern und keine Nachbarn in ihrer Nähe dulden. Dennoch fühlt es sich an wie ein Gespenst, das ständig sein Gesicht verändert. Dass man sich dabei in totaler Gesundheit wähnen kann, obwohl es schon in einem wütet, verunsichert einen in seinen Grundfesten. Man hat sehr wenig Kontrolle über das, was mit dem Leben passiert. Old News, ich weiss, und doch verdrängt man diese Tatsache glücklicherweise. So sind wir Menschentierchen programmiert.

Die Diagnose lehrt einen Demut. Die empfand ich als sensibles Wesen schon vorher, aber jetzt weiss ich umso mehr, wie wertvoll jede Minute im Leben ist. Sie hat mir auch gezeigt, was für ein verdammtes Glück ich mit meinen Freunden und Familie, meinem Liebsten und meinem allgemeinen Umfeld habe. Das weiss man natürlich auch schon vorher, jedoch bleibt da normalerweise eine klitzekleine Unsicherheit, was in Härtefällen wohl mit den Beziehungen geschehen würde. Ich hätte es nur zu gut verstanden, wenn einige Abstand genommen hätten. Aber nichts da. Bis heute sind alle noch bei mir und bereichern mein Leben. Im Spital fühlte ich wie Königin Mutter, die ständig Besuch und Geschenke empfing. Ich weiss nun, die Leute halten zu mir, egal was passiert. Das Grösste ist allerdings: Sie sehen mich immer noch als Person, die ich immer war. Sie schenken Normalität. Das klingt jetzt total klischeehaft – wie in einem ganz schlechten Film. Aber das ist es ja auch, irgendwie. Und ich glaube, nur wer schon einmal so etwas erlebt hat, weiss, wie verdammt wichtig diese Normalität ist. Sie ist das Boot auf ziemlich wilder See. Denn man will nicht als wandelnde, einzige Krebszelle betrachtet und ständig daran erinnert werden, dass das Leben an einem Seidenfaden hängt. Das tut man selbst schon genug in jedem Moment, in dem man nicht genug Ablenkung findet, in dem man gestresst ist, oder sonst irgendwie verunsichert durch das Leben stolpert. Und  mein Umfeld macht es mir so leicht wie es nur geht. Dafür bin ich verdammt dankbar, so dankbar, dass ich es hier ganz unpassend herausschreien muss: DANKE!

Natürlich gibt es noch mehr Klischees, die sich für mich bewahrheiten. Ja, ich betrachte das Leben tatsächlich ein bisschen anders. Ich gehe spielerischer mit Herausforderungen um. Kleine Misserfolge schneiden mir nicht mehr so ins ehrgeizige Fleisch. Ich bin ehrlicher geworden, zu mir selbst und zu anderen. Ich fühle mich mental stärker als je zuvor und spüre, dass ich das weitergeben möchte. Ich kann besser Zuneigung zeigen, denn ich weiss, dass es irgendwann einmal zu spät sein könnte, jemandem zu sagen, dass ich ihn mag. Ich begrüsse meinen Liebsten jeden Tag, als sei er ein Weltwunder (Anm. d. Red.: Das ist er nämlich auch. Jawohl!). Ich packe die Sachen viel eher an, denn ich will meine Träume so gut es geht, erfüllen. Ich liebe das Leben und seine Marotten noch mehr, als ich das so oder so schon tat!

Und Nein, ich gehöre jetzt definitiv nicht zu der Sorte Mensch, die nun alle Probleme anderer und seine eigenen „kleinen“ Sorgen herunterspielt, weil es ja immer was „Schlimmeres“ gibt. Das ist in meinen Augen doof. Fast alle Sorgen und Wehwehchen haben ihre  Berechtigung, gehören zum Alltag dazu, prägen und formen uns, ja, sind unser Benzin für den Lebensofen, damit wir stets eine Vorwärtsbewegung machen können. Ich bin immer noch genau so da für alle Arten von Sorgen meiner Freunde. Denn ich habe die ja auch immer noch. Wer meinen Facebook-Account aufmerksam verfolgt, weiss das nur zu gut. Nur sehe ich die Relationen ein bisschen anders als früher und kann die fünf auch einfach mal gerade sein lassen. Und das ist, wenn ich das mal so fatalistisch ausdrücken darf, einer der guten Seiten einer solchen Diagnose. Ich habe zudem gelernt, wie zäh der menschliche Körper eigentlich ist und mit welchen Kräften man Rückschlägen entgegnen kann. Und dass ich meinen Humor offenbar nicht so schnell verliere (Im Gegenteil!). Das gibt Hoffnung. Hoffnung, dass  ich künftig, falls es nötig wird, mit einem Lächeln in diese Fratzen blicken kann.

Ich hatte viel Glück im Unglück. Dank meiner Vernunft ging ich immer in die Vorsorge, so, dass man es wenigstens noch einigermassen früh entdeckte. Die grosse Operation Anfang September (die heisst Wertheim, falls es jemanden interessiert, aber Vorsicht: Nichts für schwache Nerven und gesunden Appetit!) verlief ohne Zwischenfälle und ich durfte ebenfalls die gute Nachricht vernehmen, dass sie in diesem entfernten Gewebe nichts Bösartiges mehr fanden – Das heisst: Keine Chemo, keine Bestrahlung. Der Pet-Scan liess mich zwar während eines Tages radioaktiv strahlen und eine Gefahr für Schwangere werden, ergab aber keine zum Glück keine Anzeichen von Streuung des Tumors. So weit, so gut. Nun heisst es alle drei Monate in die Kontrolle und hoffen, dass es das letzte Mal war, dass ich in die schiefe Fratze des Krebses schauen musste. Dass die Statistik nicht erneut zuschlägt.

Man kann also sagen, dass ich noch ganz gut weggekommen bin. Das verdanke ich mir selber, den Ärzten und meinem Umfeld. Natürlich geht es einem zwischenzeitlich mal so richtig schlecht. Ich will nicht lügen, ich kann nicht immer positiv denken. Letzteres ist sogar verdammt schwierig. Vor allem wenn man so eine hausgemachte Pessimistin ist und immer wieder gerne mal mit dem Schlimmsten rechnet. Neuste Studien belegen zum Glück, dass das keinen Grossen Einfluss auf den Verlauf dieser Krankheit oder auf Rückfälle hat. Phu. 😉

Wie geht es weiter, fragt ihr euch vermutlich. Und was will das Mariechen nun eigentlich mit diesem Roman bezwecken?

Es geht weiter mit Hoffen und Bangen. Mit Höhenflügen, Normalität und ängstlichen Minuten. Wie auch schon ohne Krebsdiagnose – nur ein wenig intensiver. Ich werde Gas geben und alles daran setzen, dass ich so lange wie möglich munter bleibe.  Mir mentale Boxhandschuhe anziehen und kämpfen. Lachen und tanzen. Freundschaften pflegen. Ich habe gute Heilungschancen und bin für den Moment tumorfrei. Es kann also auch alles gut werden!

Aber ich möchte diesen Kanal nun natürlich auch für Propaganda nutzen:

Mädels, geht in die Vorsorge!

Und wenn ihr mehr als einmal Jährlich zur Vorsorge gebeten wird, tut es. Hört auf euch. Wenn ihr das Gefühl habt, dass da was nicht stimmt: Macht die Konisation. Die Möglichkeit, dass nur eine Vorstufe gefunden wird, ist gross und danach könnt ihr den Mist wieder vergessen! Lasst euch nicht bequatschen mit irgendwelchen Hausmittelchen, sondern wendet diese nur in Kombination mit Schulmedizin an. Es geht hier um Krebs, verdammt noch einmal, und wenn Gemüsesäfte Krebs heilen würden, dann wäre das Problem gelöst! Ich bin absoluter Befürworter von Alternativmedizin und benutze die auch im Moment, aber diese hat genau so Grenzen wie auch die Schulmedizin.

Damit wäre alles gesagt. Zum Schluss bleibt mir nur noch: Wenn Fragen sind, fragt. Ich habe keine Mühe, darüber zu sprechen. Es gehört jetzt nun einmal zu mir und prägt meine Lebensgeschichte.

Fühlt euch zu nichts genötigt: Ich erwarte keine Statements, kein Mitleid, gar nichts. Ich bin immer noch die Simi und manchmal auch noch ein bisschen das Mariechen.

Nur etwas wäre schön: Daumendrücken. 🙂

löööööv!