Die heutige Jugend!

Oder: Wie wir erwachsen werden

Wie oft haben wir das schon hören müssen und unsere Augen verdreht? Mindestens tausendmal haben wir auf das Wohl unserer Grossmütter/Mütter/Väter geschworen, dass diese Aussage nie, niemals über unsere Lippen wandern wird, auch nicht in unzurechnungsfähigen Zuständen. Bei Einigen von uns ist diese Zeit noch gar nicht so weit entfernt, ältere Kaliber werden sich trotzdem daran erinnern, wenn sie ganz ehrlich sind, an die schönen Mode-Sünden, die wir begingen, dazu die passende Frisur(?) mit schwer gesellschaftskompatibler Farbe, an unser Herumgelungere auf dunklen Schulhöfen und den ersten öffentlichen Rausch, den man weniger cool hinter sich gebracht hatte, als zuvor ausgemalt.

Trotz all den wunderbaren aber teilweise auch ziemlich peinlichen Erinnerungen, muss auch meine Wenigkeit zugeben, dass ich, nun offiziell „Junge Erwachsene“, mich des Öfteren dabei ertappe, dass mir die Halbwüchsigen (Ach, herrliches Wort) morgens im Bus doch manchmal gehörig auf den Wecker gehen. Vor allem, wenn sie mit lauter Stimme ihre Idole von Aggro Berlin imitieren, und sich gegenseitig mit genau so passendem, aggressivem Unterton ihre Freundschaft beweisen müssen und einen auf Ghettokid machen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir im Vergleich zu richtigen Ghettos tagtäglich auf Zuckerwatte spazieren, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Noch als einiges gravierender empfinde ich allerdings das in meinem Emotionenrepertoire eher neue Bedürfnis, den Mädels das Bauchfrei-Shirt auf Hüfthöhe (-tiefe?) herunter zu ziehen, und am allerliebsten noch den Spruch „Mädchen, du holst Dir noch den Tod!!“ zumBesten zu geben. Das schockiert schon ein bisschen, zumal man sich versprochen hat, immer offen und tolerant zu bleiben und das lebenslänglich und sich dunkel daran erinnert, mal genau solche Shirts und Jäckchen in die Kleidersammlung gegeben zu haben.

Nun, in unserem Falle kommt es wahrscheinlich schon drauf an, ob man seinem Unmut und Unverständnis live und direkt Luft macht, oder es sich nur denkt. Ewig tolerant zu bleiben und alles verstehen zu wollen und zu können, ist doch eher utopisch. Das wäre ja, als wenn man behaupten würde, man liebe seine makrobiotische Ernährung, oder Natur-Leinen-Wäsche sei wahnsinnig kuschelig und sexy. Nein, es gehört doch zur natürlichen Entwicklung eines jeden Menschen, dass man irgendwann von gewissen Neuheiten der Jugend überholt wird (wenn auch schon mit 25ig), weil man sie selbst nie hatte und auch wirklich nie brauchte, weil die eigenen Zeiten eben anders waren. Wir dürfen das Spazierenführen des Handys (mit quäkigem Sound) an der frischen Luft doch ebenso wenig verstehen, wie wir damals für unsere scheppernden Ghettoblaster Rüge und Unverständnis geerntet hatten. Wenn wir heute Augenkrebs beim Betrachten von herunterhängenden Kniekehlenhosen und heraushängenden Pobacken bekommen, waren das in unseren Zeiten eben die Neon-Pullis und die zerschlissenen „Mehr Loch als Stoff“-Jeans, die bei Eltern und co. für rote Köpfe gesorgt hatte.

Es hat einen grossen Nutzen, sich zu fragen, ob es wirklich nur an der heutigen Jugend liegt, oder nicht doch auch an den heutigen Erwachsenen. Man darf sich selbstredend schon ab und an mal aufregen, sie können einem ja auch auf den Keks gehen, die Teenies. Aber mal ehrlich, der Opi, der lautstark herumwettert, erzielt in etwa den gleichen Effekt im roten Bereich. Am besten ist doch, auch mal beide Augen zudrücken zu können oder einfach mal breit in sich hinein zu grinsen.
Schliesslich gibt es andere Themen im Bereich der heutigen Jugend, worüber man sich wirklich aufregen darf und auch sollte.

Fazit: Erwachsen sein ist schwer, jugendlich glaubs noch sehr viel mehr .

3 Kommentare zu “Die heutige Jugend!

  1. Ja, die heutige Jugend hat’s schwer. Das Ziel von Teenagern, egal welcher Generation, ist es ja, die pösen Erwachsenen zu schockieren. War dies früher noch verhältnismässig einfach, schockiert heute ja fast gar nichts mehr. Wer hätte gedacht, dass wir eines Tages Jungs und Mädels mit „wahre Liebe wartet“-Shirts lächerlicher finden würden als 13-Jährige im Paris Hilton-Look?

    Die heutigen Kiddies mit ihren ultra-toleranten Eltern haben nicht mehr viele Optionen – ich tippe darauf, dass unsere Kinder dereinst sonntags in die Kirche zu rennen als letzte Möglichkeit sehen werden, bei uns noch eine negative/erstaunte Reaktion zu provozieren.

    Daher plädiere ich hier und jetzt: SEID OFFEN GESCHOCKT ÜBER „DIE JUGEND VON HEUTE“! MURMELT MISSBILLIGEND VOR EUCH HIN! Denn nur so können wir eine künftige Invasion ultrakonservativer, die Bibel zitierender und klassische Musik hörender Teenager verhindern.

    Danke!

  2. Danke, Frau E, für ihren wirklich aus meiner Seele sprechenden Beitrag zu meinem Rant. Ehrlichgesagt fürchte ich mich fast davor, selbst mal eigene Teenager zu haben. Da werdenKirche und Klassische Musik wahrscheinlich nur der Anfang des Terrors. 😉

    Gut, schlussendlich hat man als Eltern nach wie vor Einfluss und Chancen, die Kinderchen ein bisschen zu formen. Trotzdem bin ich extrem gespannt, womit wir denn wahnsinnig gemacht werden.

    Herzlichst, Ihr Mariechen

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