Wohnst du schon? Oder stehst du noch irgendwo an?

Anstehen – jetzt auch um die Ecke

Es ist schon deprimierend, solche Szenen anzutreffen. In Zürich hat man dieser Tage offenbar wirklich bessere Aussichten auf einen Lottgewinn als auf eine preisgünstige Familienwohnung (nein, es ist kein Nachwuchs unterwegs bei mir, um gleich allfällige Gerüchte im Keim zu ersticken 😉 ). Die neuste und wahnsinnig freundliche Empfehlung der Stadt Zürich, dass man sich doch einfach etwas auf dem Land suchen solle, hilft auch nicht weiter. Müsste man doch nach Hinterwald umziehen um wirklich Miete zu sparen, und diese Differenz gibt man dann schön für Benzinkosten aus. Mal ganz abgesehen von den familiären Mühen, die da noch auf einen zukämen.

Es ist wirklich kein Gerücht mehr, dass unser schönes Städtchen mehr und mehr nur noch für gut Betuchte erschwinglich wird. Und die ziehen dann einzeln in wunderschön renovierte, dreitausendfränkige Vierzimmerwohnungen mit Dachterrasse, eingebauter Waschmaschine und Cheminée. Na dann gute Nacht.

Oh, du fröhlicher Konsum!

Ich bin mir im Klaren, dass das Filmchen, das mir heute von einer Freundin zugeschickt wurde, schon etwas betagt ist. Trotzdem erinnert es uns mal wieder daran, wie schnell wir Menschen zu hungrigen Tieren mutieren, wenn es darum geht, irgendwie Sesterzen sparen zu können. Auch steigen wieder die alljährlichen Horror-Einkaufsszenarien um Weihnachten ins Bewusstsein und all die guten Gründe dafür, in dieser Zeit einen grossen Bogen um Warenhäuser zu schlagen und die damit verbundenen Futterneidkämpfe zu vermeiden.

Unsinnig an solch Szenarien ist ja, dass man sich genau in diesen Momenten wohl am weitesten vom Sparen oder einem sonst sinnvollen Lebensstil entfernt. Es geht ums Hamstern, mich dünkt sogar, dass es sich fast um eine Sportart handelt, wer denn nun mit den meisten Mixern, Computern, Spielen und Monitoren rausrennt. Man könnte sogar vermuten, dass da der tief verborgene, ursprüngliche Reflex des Vorratsammelns wieder emporsteigt, sozusagen der nackte Kampf um das Überleben.

Danach sassen wohl so einige Familienväter in ihrer von Geräten überquellenden Wohnzimmern, sich fragend am brummenden Schädel kratzend, was da in diesen Stunden wohl in sie gefahren sein mochte. Konsumkater, ahoi.

Unsägliche Titel

Liebe Tageszeitungen, es liegt auf der Hand, dass man heutzutage wohl etwas reisserischer sein muss, um im harten Tagesgeschäft die müden Blicke der morgendlichen Leser vorwiegend auf die eigenen Zeilen zu ziehen. Allerdings existieren auch da Grenzen. „Viel Arbeit für die Dignitas“ überschreitet diese, auch wenn die Aussage wahrscheinlich seine Richtigkeit hat. Nicht ganz sicher, ob dies an der eigenen Dünnhäutigkeit oder an der eher empfindsamen Tageszeit lag, schreckte ich empört zurück und es beschlich mich das Gefühl, dass man den Bericht auch etwas sensibler hätte formulieren können. Schliesslich geht es um den kalkulierten Freitod, was meiner Meinung nach einer gewisse Intimität verlangt.

Fazit: Man liest nicht weiter, weil man vor lauter Nasenrümpfen nix mehr sieht.

In diesem Sinne einen schönen Tag, mit viel Arbeit.

25 Jahre Smilie!

Ach, wie entzückend, was man auf diesem schaurig pinken Blog heute entdecken durfte. Unsere besten Freunde, die Smilies, haben ein viertel Jahrhundert auf dem Buckel. Pipifax? Nein, denn wenn man das aus dem soziologischen Aspekt betrachtet, haben die Strich-/Punkt-Kombinationen unser Leben verändert. Früher gab es noch Missverständnisse, wenn man schriftlich miteinander verkehrte, stundenlang musste man darüber rätseln, ob die Aussage des anderen nun böse gemeint war, oder doch nur ironisch, ob das Gegenüber nun amüsiert ist ob den eigenen Geschichten, oder gar gelangweilt. Heutzutage ist das wirklich einfach, man fügt einfach noch das passende Gezwinker oder Gelächter ein und schon hat man das gute Gewissen, dass die Gefühle richtig ankommen.

Die Smilies polarisieren aber auch. Böse Zungen behaupten, die Geburt der kleinen Freunde hätten für immer unser Gespür für Situationen und die Sprache gelöscht. Natürlich muss man sparsam damit umgehen und dabei beachten, dass reine Smilie-Kombos nicht zwingend aussagekräftig sein müssen, und schon gar nicht für Intellekt stehen. Deshalb darf man ruhig auch Verständnis zeigen für jene, die diese Errungenschaft unsexy und daneben finden. Klar, es gibt auch genug Mitmenschen, die sie allerliebsten dann benutzen, wenn sie kritisieren oder sonst unangenehme Nachrichten überbringen müssen, um somit das Gesagte etwas zu relativieren. Das geht natürlich nicht. Schliesslich ist das keine Ersatzsprache. Es ist doch wie bei einem guten Essen: das versalzen wir grundsätzlich nicht. Wer also seiner eigenen Sprache noch einigermassen mächtig ist und fähig, seine Gefühle auszudrücken, darf schliesslich auch mal ein Lächeln anhängen. Oder nicht? 😉

Geschätzte Autofahrer

Liebe Freunde der motorisierten Fortbewegung,

Diese gelben Streifen, die an vielen Orten so kunstvoll über die Strasse gemalt wurden, dienen alleine dem Zweck der Orientierung, sie sind weder dafür gedacht, darauf die Fahrt zu beschleunigen, noch exakt darauf anzuhalten. Also nochmals zum Mitschreiben: Befindet sich eine (aufmerksame) Person unmittelbar vor dem sogenannten Zebrastreifen oder bewegt sich in abschätzbarem Tempo darauf zu, ist es nicht gedacht, dass der Autofahrer just in diesem Moment beschleunigt, um dann zehn Zentimeter vor den Beinen des Opfers einen Stop zu reissen. Auch ist es nicht konform, dabei noch ein irritiertes Gesicht zu ziehen. Dies kann man dann ruhig der Person überlassen, die wegen euch gerade eine Nahtoderfahrung machte.

Falls ihr euch morgens im Auto so fühlt, als würdet ihr euch durch das erste Level eines Computerspiels kämpfen und alle Hindernisse zwecks Punktesteigerung umfahren möchtet, dann meine Freunde, gehört ihr definitiv zu der Gruppe Menschen, deren Zurechnungsfähigkeit sich erst mit fortschreitender Tageszeit auf ein anständiges Niveau begibt. Das ist natürlich in Ordnung, zu denen gehören viele. Aber dann sollte man das Fahrzeug lieber auch noch ein wenig ausschlafen lassen.

Fazit: Es gibt einen Grund, weshalb ich ÖVs mag.

Das Wort des Tages..

..gesehen im Tagi:

Karma-Kapitalismus

Unwissend, ob er schon länger existiert, schafft es dieser hübsche Ausdruck für den Puls der heutigen Zeit auf die Rangliste meiner neu erworbenen Lieblingsworte. Er beschreibt treffend das Verhalten unserer Wirtschaft, aus allen Arten von Nöten und Katastrophen Profit zu schlagen, hier eben aus unserem Bedürfnis, uns ohne schleichende Gewissensbisse dem Konsum von trendigen Gütern zu frönen und gleichzeitig was Gutes für die dritte Welt und die Natur zu tun. Diese Bewegung hat sicher seine vorteilhaften Seiten, kann jedoch heuchlerisch wirken, wenn man nebst seines menschenfreundlichen Hemdes den Schrank voller von Kinderhänden hergestellten Kleider vollgestopft hat. Man kann es aber auch von der optimistischen Front her betrachten: Jede Aktion muss im Kleinen anfangen, lieber lässt man einige Franken in wohltätige Organisationen fliessen, was heutzutage viel häufiger möglich ist, als auf ewige Zeiten mit Scheuklappen herumzulaufen.

Danke, Verfasser des Artikels (leider hab ich schon wieder deinen Namen vergessen), für den Gedankenanstoss.

Streetparade – ertränkt und abgefüllt

Nein, das wird nun keine Abhandlung über die Vor- und Nachteile der Strassenparade. Auch nicht darüber, ob es nun lohnenswert wäre, sie Stadtseitig zu finanzieren oder sie mit Pauken,Trompeten und Drum-Maschine untergehen zu lassen. Es stellt sich hier nicht die Frage, ob diese Stulpen aus Fell und anderen hübschen Materialien nun endlich gemeinsam mit den Netzstrümpfen aussterben sollten. Die Kreativität war auch dieses genau so ausgeprägt wie der schlechte Geschmack, und es ging ja nie darum, an der Strassenparade wie ein hochbezahltes Model auszusehen, wohl eher wie unbezahlte Künstler. Aufgefallen sind weder die Hobby-Kostüm-Künstler, noch die polytoxischen Zeitgenossen, sondern die Mitmenschen, die den Bierständen und zahlreichen Bars zum Opfer fielen. Nun ja, eigentlich war die Opfer/Täter-Verteilung doch eher umgekehrt. Dem Alkohol entwachsen die ungewöhnlichsten Blüten, manche Menschen schlagen wild um sich und liegen dann sabbernd darnieder, andere werden urplötzlich zu Goliath und wollen all die kleinen Davidchen verprügeln. Noch andere – und das ist erschütternd – haben nun ein Menschenleben auf dem Gewissen.

Die Erkenntnisse sind so banal, wie sie sich auch jedes Jahr wiederholen: Das Motto der Parade- immer auffindbar im Bereich von Sonne, Liebe, Würde, Respekt und Toleranz – überlebt wohl nur noch in wenigen Leuten und als leuchtende Schrift auf dem offiziellen Programmheftchen. Die gute Kehrseite der Medaille war , und das darf man hier nun nicht einfach unter den Tisch fallen lassen, dass man selbst einfach nur stundenlang, mit einem breiten Grinsen und lieben Freunden vor sich hin tanzen konnte. Und wenigstens selbst noch wusste, warum man sich denn nun ins Getümmel stürzte.

Fazit: In den Herzen spielt die Musik

Kein rundes Funken in Zoorich

Alle Jahre wieder verschlägt es ein bestimmtes Grüppchen von Freunden an die an sich herrliche Veranstaltung Rundfunk. Diese steht in diesem Jahr klar unter dem Stern „Schneller, grösser, und vor allem breiter“. Und so sehr meine Wenigkeit hinter diesem entzückenden Fest stehen kann, geben sich Oli und Konsorte doch solche Mühe um alles liebevoll herzurichten, konnte man deutlich feststellen, dass die grössere Fläche umso mehr Menschen anzog, an sich auch in vollster Ordnung, bloss dass es oftmals eher die ruppigere Sorte Mensch ist, die sich da tummelt. Man kann wirklich kein Verständnis dafür aufbringen, wenn man sieht, wie der gut situierte Zürcher und dessen weibliches Pendant zur Hochform auflaufen kann, wenn er/sie nicht binnen Sekunden das Kaltgetränk vor das verwöhnte Näschen serviert bekommt. Anstelle waltender Milde gegenüber der leicht gestressten Lage der Barmitarbeiterinnen, die zu dritt gegen ungefähr 200 Menschen antreten müssen, kehren sie ihre dunkelste Seite heraus, und machen das Leben der Mädels zur Mini-Hölle. Interessant daran ist ja, dass man so wieder einmal erkennen kann, dass wir einerseits tatsächlich nur für uns selbst schauen, wenn es hart auf hart kommt, sich andererseits die Gier der modernen Gesellschaft und deren Verhalten nicht unbedingt von den Neandertalern untscheidet. Wir sind einfach besser angezogen. Zumindest von unserem Blickwinkel her betrachtet. Man muss vielleicht gewisse Mitmenschen wieder einmal darauf aufmerksam machen, dass es uns einfach zu gut geht, wir folglich doch auch mal einige Minuten irgendwo auf unsere frisch erworbenen Güter warten können, kriegen tun wir sie ja so oder so problemlos. Ausserdem hat uns Mami doch schon erklärt, dass wir im Leben weiterkommen, wenn wir geduldig, offen und freundlich gesinnt sind. Ekstatisches Anbrüllen von Barpersonal, Augenverdrehen ob der Nachfrage der Bestellung,oder absichtliches mit Füssen treten der Mitwartenden kommen, so glaube ich zumindest, nicht im Erziehungsrepertoire unserer Mütter vor. Wobei man sich bei Letzterem durchaus nicht mehr so sicher sein kann.

So kehrt man abgekämpft und erhitzt zum vertrauten Grüppchen zurück, sich fragend, wann und vor allem WO genau das mit der Undankbarkeit und Unzufriedenheit in unserem sozialen Netz begonnen hat. Sicher, jeder hat mal einen schlechten Tag, es ist jedoch eher unwahrscheinlich, dass genau einige hundert Leute gleichzeitig ihre maulige Phase durchleben. Man könnte beinahe vermuten, man sei des vielen Socializens langsam überdrüssig und das vielseite Angebot von Vergnügungsorten zur Investition unseres Geldes mache uns nur noch verwirrt und trotzig. Es gibt natürlich Wege aus der Misere, man kann einerseits seine Empathie mal wieder aus der verstaubten Ecke holen und sie gegen das Ego eintauschen, oder einfach einmal die entzündeten Augen aufmachen und richtigen Freunden hallo sagen. Interessiert zu sein am Befinden anderer Menschen. Sich freuen, dass die Bäume grün bestrahlt werden und die Sterne doch noch eine Chance haben, mit ihnen um die Wette zu funkeln. Zu bemerken, dass der Drink trotzdem mundet, auch nach längerem Warten, weil man ihn in guter Gesellschaft konsumiert . Und einfach mal dankbar sein. AMEN.

Fazit: Lieber mit guten Freunden grillieren, als mit Unmut zu brillieren. Oder so.

Stadtzürcher, der Sommer und die Ruhe

(Besten Dank dem lieben noo, der mich auf den Beitrag auf Ronorp aufmerksam gemacht hatte 😉 )

Dass Ronorp sich teileweise zu einer Tummelwiese für unzufriedene Mitbürger Zürichs entwickelt hat, muss man hier ja nicht sonderlich betonen. Eben diese Wiesen, auf denen man sich tummeln kann, oder besser die Holzstege, die dem gleichen Zwecke gelten, gerieten ins Kreuzfeuer einiger unzufriedenen Badigästinnen, denen das Herumrennen und -schreien der Kinderchen auf den Keks geht. Man giert nach Ruhe in den Badis, hat man doch in seinem Job schon genug Stress und vielleicht sogar noch nervenaufreibende Kollegen, die sich wie Blagen verhalten. Alles verständlich. Es wurde bei all dem Gezeter allerdings vergessen, dass unsere jüdischen Mitbewohner Zoorichs sich darum in den Frauenbadis aufhalten, weil es ihnen oftmals nicht gestattet ist, sich in gemischte Badeanstalten zu begeben. Da stellt sich doch wohl eher die Frage, warum es denn keine kindgerechte Frauenbadis gibt, die grösser sind, und das Geschrei somit nicht die Gehörgänge empfindlicher Ruhe-Jünger irritiert. Die Neuzuzüger zu beschuldigen, halte ich für extrem schwierig, wissen wir doch, dass auch die Zürcherlis sich gerne paaren und eventuell auch mit dem Nachwuchs baden gehen möchten. Um die nötige Ruhe zu finden, gibt es doch viele schöne Möglichkeiten, wie Musik hören, Zeitung lesen (und dabei üben, Lärm auszuklammern), mit Freunden zusammensitzen und über die schönen Seiten des Lebens diskutieren. Ruhe findet man nicht, in den zürcher Badeanstalten. Dies liegt jedoch käumlich an den Kindern, wohl eher daran, dass die Orte brechend voll sind und sich die Menschlein schon fast stapeln müssen, um etwas Sonne abzukriegen. Da ist Kreativität und Flexibilität gefragt. Will ich einfach nur lesen und nichts hören, dann tu ich das eben auf einem Balkon, in einem Park oder im Bett. Will ich trotzdem baden gehen dabei, dann gibt es weiss Gott noch genug Orte, ein bisschen stadtauswärts, die sich als echte Erholungsjuwelen entpuppen. Aber wahrscheinlich weigert man sich aus Prinzip, aus der Stadt zu fahren, denn um das liebe Prinzip geht es doch eigentlich, darum, aufgrund Geborenseins in Zürich auf seinen rechtmässigen Platz zu pochen, Frust abzulassen. Dass man selbst etwas beweglicher werden muss, wenn Umstände sich verändern, kommt einem dann freilich nicht in den Sinn.

Fazit: Wer Ruhe braucht, muss sich Ruhe schaffen.